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Mitgliederversammlung 03.07.2003 - 
 
Bericht zur Lage der (Magdeburger Fußball) Nation

1.FC Magdeburg
Die MV vom 3. Juli 2003 aus ausführlicher Fansicht:

1.FC Magdeburg

Nun war er also herangerückt, der Tag der ersten Mitgliederversammlung nach der Beantragung der Insolvenz im Juni 2002. Aus Fankreisen war vehement seit  Monaten eine solche MV gefordert worden. Insbesondere Ende 2002/Anfang 2003 war massiv Druck ausgeübt worden, um endlich Klarheit über die Lage des wohl mit Dynamo Dresden und Jena populärsten Ostkultclubs  zu erhalten. Zu lange erschien den Fans die Hinhaltetaktik des alten Übergangspräsidiums, zu nebulös die bizarren Geschichten aus tausend und einer Nacht über das Verschwinden des lange geheimgehaltenen Hauptsponsors ins Nirwana. Nun, die Abordnung des M-FT, bestehend aus Zille und Clubmaxe, harrte zusammen mit weiteren 192 Mitgliedern erwartungsvoll und frohen Mutes ob der Dinge die da kommen sollten. Alle anderen M-FT’er waren leider beruflich verhindert bzw. amüsierten sich mit niedlichen Karbolmäuschen im Sanatorium Vogelsang (nicht wahr Wig ?).

Zuerst trat Bernd Tiedge in die Arena. Eindrucksvoll ließ der Mann, der sich in der schlimmsten Stunde des Clubs vor den Karren spannte, vor den Mitgliedern das letzte Jahr Revue passieren. Ja, er gab zu, einer der Gegner der Spielklasse Oberliga gewesen zu sein, legte dar, wie die letzten verbliebenen Sponsoren vehement die Oberliga forderten und er sich schließlich vom Abenteuer Oberliga überzeugen ließ.  So wie dieser Mann am Donnerstagabend auftrat, so hätten sich ihn viele Fans sicher öfter gewünscht. Mit jedem Wort hörte man heraus, wie sehr dieser Mann, den es vor vielen Jahren als junger Staatsanwalt nach Magdeburg verschlug, an unserem 1. FCM hängt. Mit kritischen Worten ging Tiedge wie ein Torero auf  unseren Spezi Rudi Bartlitz los. Mit donnernden Applaus der Anwesenden wurde Tiedge bedacht, als er die unseriöse Berichterstattung der Volkstimme bezüglich der Querelen um die Eintragung des Clubs im Vereinsregister nach überstandener Insolvenz mit harschen Worten kritisierte. An Bartlitz als Chef der Sportredaktion ließ Tiedge jedenfalls kein gutes Haar. Gut gemacht Bernd! 

Von Tiedge wurde auch recht eindrucksvoll geschildert, wie sich die Suche nach Sponsoren gestaltete. Von Sponsoren war da die Rede, die zunächst salbungsvoll versprachen, den Club auch weiter zu unterstützen, die aber später nie wieder gesehen wurden. Von zerschlagenem Vertrauen nach 13 Jahren Misswirtschaft und sportlichen Pleiten war die Rede, von einem Hauptsponsor, mit dem man zunächst wohl das große Los gezogen haben schien (eine hohe sechsstellige Summe stand im Raume), der dann aber Ende 2002 selber enorme wirtschaftliche Probleme  bekam. Namen wurden nicht genannt. Wer die Magdeburger Wirtschaftspresse im Frühjahr diesen Jahres verfolgte, mag sich vielleicht seinen Teil dabei denken.

Anzumerken an dieser Stelle ist, das ein Großteil der Anwesenden mit gespannten Interesse der MV folgte, einige der Fans aber wohl nichts anderes im Sinn hatten als alle 10 Minuten den Saal zur Raucherpause ( incl. Bierchen ) zu verlassen.

Als nächstes Highlight war der Mann angekündigt worden, der im letzten dreiviertel Jahr wohl die wichtigste Rolle im Magdeburger Fußballtheater spielte:

Vorhang auf für: Andreas Kienast - der Mann der den FCM rettete!

Auf den Bericht des Insolvenzverwalters waren alle gespannt, man  versprach sich Zahlen, Fakten und möglicherweise auch einige Skandälchen.
Nun, nie kommt es so wie man es sich erhofft ! Herr Kienast, ganz stilvoll, plauderte über das letzte Jahr mit einer Leichtigkeit, die so manchen doch in Erstaunen versetzte. In seiner ca. 7 Minuten-Rede kam eigentlich nichts neues rüber. Lediglich zum Schluss horchten die Anwesenden auf. Da sollen vor einigen Wochen zwei neue Forderungen aufgelaufen sein, die bisher nicht zur Quote angemeldet waren. Beide Male trat dabei der Insolvenzverwalter unserer insolvente FCM Sportwerbe GmbH auf, zum einen mit 1,5 Mio € und zum zweiten mit 400.000 €. Kienast erwähnte kurz, das er die 1,5 Mio € Forderung niederschlagen werde. Zu den 400.00 € sagte er nichts. Jedenfalls habe die Sportwerbe GmbH noch eine Einspruchsfrist von 10 Tagen. Kienast jedenfalls geht davon aus, das dann auch die letzten Beschränkungen des AG Magdeburg hinsichtlich des FCM aufgehoben werden können.
 

Als nächster trat unser neuer Präsident Ingolf Nitschke zu seinem ersten Auftritt vor seiner „Belegschaft“ ins Rennen.  Anstelle seiner ja mittlerweile schon fast Kultstatus erreichenden grünen Weste diesmal im grauen Zwirn gekleidet, trat Nitschke vors Pult. Schon mit den ersten Worten merkte man, da stand ein Mann, dem jede Profilierung und Träumereien fremd waren.
Nüchtern, fast schon eiskalt, zog Nitschke Bilanz, zeigte gnadenlos wie es um den FCM aktuell nach der Insolvenz bestellt ist. Bedrückende Bilder von Kriegsfolgen, zerstörten Häusern, wurden mittels Projektor aufgezeigt. Schonungslos wurden die Fehler der Vergangenheit und die jetzige Situation dargelegt.  Von aktuellen Geldsorgen, ca. 70.000 €  infolge offener Spielergehälter und Pokalprämien war da die Rede. Ebenso davon, dass die Schlussrechnung vom Insolvenzverwalter auch noch ausstehe.

Seine erste Aufgaben definierte er in der Schaffung von funktionierenden Strukturen, wie z. B. einer arbeitsfähigen Geschäftstelle. In den nächsten Tagen stehen erste Personalentscheidungen an, man werde sich zum Teil von Leuten trenne, die langjährige Mitglieder sind. Klasse statt Masse, so kann man es auch umschreiben. Von Transparenz und Offenheit als Vorraussetzung für einen Aufschwung  war da die Rede.
Den vielen Fans, Mitgliedern und Sponsoren wolle er ein Gefühl von Familie beim FCM vermitteln, den Club zur Nr. 1 in Sachsen-Anhalt und unter die Top 10 der neuen Bundesländer führen, von Bundesliga 2008 war jedenfalls nichts mehr zu hören.

Ein Mann geht seinen Weg und will alte Zöpfe abschneiden. Ob er’s wohl schafft ?
Nun, wenn man sich die Unternehmerkarriere des Ingolf Nitschke so ansieht, traut man ihm auch hier zu, Erfolg zu haben.

Fazit der Mitgliederversammlung: Von Aufbruchstimmung  war nicht viel zu verspüren, eher von nüchternem Realismus. Zu einem Fußballclub gehören aber auch Euphorie und Leidenschaft. - Auch das kann ja noch werden Herr Nitschke. Packen wir’s an!

 BWG

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